Nachdem ich in meinen bisherigen Ausführungen schon erwähnt habe, dass es unterschiedliche Varianten der Low-Carb-Ernährung gibt, will ich zumindest einen kleinen Blick auf die ketogene Ernährung werfen, die strengste Low-Carb-Variante, da diese auch in meinem Happy-Carb-Leben regelmäßig eine Rolle spielt.
Bei der ketogenen Ernährung handelt es sich um eine Ernährungsweise, in der die Kohlenhydrate sehr stark eingeschränkt werden und im Gegenzug sehr fettbetont gegessen wird. Durch die Umstellung bei der Zufuhr der Makronährstoffe beginnt der Körper Ketonkörper zu bilden, woher dann auch der Name kommt. Der Stoffwechselzustand, in dem wir Ketonkörper bilden, nennt sich übrigens Ketose, wo ein Fastenstoffwechsel imitiert wird, obwohl nicht gefastet wird. Die strenge Reduzierung der Kohlenhydrate und die Erhöhung der Fettzufuhr hat zur Folge, dass sobald die körpereigenen Kohlenhydratspeicher verbraucht sind, der Körper zur Versorgung des Gehirns – und des Großteils des Köpers – von Glukose auf Fett umsteigt. Da das Gehirn aber nicht direkt Fettsäuren als Energie nutzen kann, denn Fett ist nicht wasserlöslich und passt nicht durch die Blut-Hirn-Schranke, müssen die zur Verfügung stehenden Fettsäuren in der Leber in Ketone umgewandelt werden. Diese können dann im Gehirn zu einem großen Teil genutzt werden und den Rest, den es noch an Glukose braucht, bastelt sich unser schlauer Körper aus Eiweiß (Glukoneogenese).
Ich ernähre mich nicht dauerhaft ketogen, aber setze die ketogene Ernährung wie eine Kur 2 mal im Jahr für je 4-6 Wochen ein, um meinen Stoffwechsel und die Fettverbrennung zu trainieren. Für eine Dauerernährung sind mir die Einschränkungen auf dem Teller zu umfangreich, denn ich lasse mir ungern das Gemüse abzählen und bin auch sonst keine Freundin vom Überwachen der Makronährstoffe, was aber bei der ketogenen Ernährung in einem gewissen Umfang sein muss.
Wie viel Kohlenhydrate bedeutet «Keto»?
Wo ketogen anfängt und wo ketogen aufhört, ist nicht mit fixen Zahlen zu beziffern. Eine ketogene Ernährung wird dadurch definiert, dass sie dazu führt, dass Ketonkörper produziert werden und man dadurch in Ketose kommt. Die Makronährstoffe sind nur Mittel zum Zweck. Der eine kommt in Ketose bei unter 10% Kohlenhydraten, der andere bei unter 5 %. Der eine hält sich an eine Grenze von 20 g Kohlenhydraten pro Tag, der andere kommt auch mit 30 g Kohlenhydraten pro Tag gut in Ketose.
Ganz grob bewegen wir uns aber bei einer Kohlenhydratmenge von 10-30 g pro Tag (je nachdem welche Form der ketogenen Ernährung man durchführt) und 10-20% Protein. Die restliche Energiemenge wird in Form von Fett aufgenommen.
Egal ob ich mich nur für eine kurze Phase oder dauerhaft ketogen ernähre – die Zusammensetzung kann in beiden Fällen gleich sein. Langfristig «verträgt» der Körper aber mehr Kohlenhydrate. Der Stoffwechselweg, der Ketonkörper produziert und der Stoffwechselweg, der sie wieder verbrennt, werden immer weiter trainiert. So kann man als erfahrene Ketarier auch bis zu 50 g am Tag vertragen, ohne aus der Ketose zu fallen. »Aus der Ketose fallen« ist übrigens umgangssprachlich für «meine Ketonkörperkonzentration im Blut ist soweit abgesunken, dass sie sich nicht mehr von einem Durschnitts-Nicht-Keto-Menschen unterscheidet».
Klar, fallen bei der Kohlenhydratmenge dann Obst, größere Mengen an buntem Gemüse und auch viele Milchprodukte einfach raus. Die Auswahl und auch die jeweiligen Mengen von Lebensmitteln mit Kohlenhydraten müssen im Auge behalten werden. Das muss man wissen und dann eben auch wollen.
Die ketogene Ernährung als Medizin
Man muss kurz unterscheiden, dass es eine schon lange eingesetzte medizinische ketogene Ernährung gibt und eine modernere und etwas moderatere Fitness-Variante. Ursprünglich wurde die ketogene Ernährung bei epilepsiekranken Kindern eingesetzt, bei denen kein Medikament richtig greift. Die medizinische ketogene Diät muss viel strenger durchgeführt werden und liefert oft auch mehr Einschränkungen. Manche Kinder dürfen beispielsweise nur extrem wenig Protein aufnehmen, um nicht aus der Ketose zu rutschen und einen epileptischen Anfall zu riskieren. Bei solch extremen Formen der ketogenen Ernährung, wie sie in der Medizin eingesetzt werden, gibt’s wie bei jeder potenten Medikation auch Nebenwirkungen. Auch im Rahmen von Krebserkrankungen wird die ketogene Ernährung eingesetzt. Aber wie bei Epilepsie gehören kranke Menschen in die Hände von Ärzten und Ernährungswissenschaftler, wenn der Grund für die Ernährungsumstellung mit so harten Erkrankungen in Zusammenhang steht.
Wie ist das mit dem Eiweiß im Rahmen der ketogenen Ernährung?
Ketonkörper entstehen aus Fettsäuren. Durch die sehr kohlenhydratarme Ernährung werden alle Schleusen geöffnet und Fettsäuren werden aus den Zellen freigesetzt. Warum sind die Schleusen bei kohlenhydratarmer Ernährung aber so weit offen? Warum können so viele Fettsäuren aus den Zellen wandern und verstoffwechselt werden? Weil der Insulinspiegel niedrig ist.
Was erhöht den Insulinspiegel? Kohlenhydrate. Und auch Protein in gewissem Maße. Protein – also Eiweiß – ist demnach ein Gegenspieler der Ketonkörperproduktion. Wenn man Eiweiß konsumiert und der Insulinspiegel steigt, sinkt die Fettfreisetzung und die Produktion von Ketonkörpern wird gehemmt. Darum muss man bei ketogener Ernährung auf die Eiweißzufuhr achten und das bestehende Kalorienfenster mit Fett auffüllen. Das Fett fördert wiederum die Ketonbildung und damit den Stoffwechselzustand der Ketose.
Was das tolle an der ketogenen Ernährung ist.
Das Energiefenster ist unter Ketose riesengroß. Es fühlt sich fast wie Doping an. Keine Leistungstiefs mehr, keine Konzentrationsprobleme, denn das Hirn hängt ja an der Fetttankstelle und die kann immer liefern. Kein Absacken des Blutzuckers mit nachfolgendem Heißhunger und dazu sind Ketone ein Gehirnfutter – wenn die Umstellung dann mal geschafft ist – was positive Auswirkungen auf die Hirngesundheit hat. Die meisten Leute wollen jedoch von dem «Abnehmeffekt» profitieren, denn in Ketose verbrennt man sehr gut Fett. Das gepaart mit einem geringen Hungergefühl, lässt Kilos einfach und ohne großes Leid schmelzen.
Natürlich hat eine so grundlegende Änderung im Stoffwechsel auch einen Einfluss auf unsere Hormonsituation. Der Fastenstoffwechsel setzt Cortisol, also Stresshormone frei und nicht für jeden ist daher die langfristige ketogene Ernährung ein Allheilmittel. Ich selbst merke in meiner Keto-Kur deutlich, dass ich stärker «unter Strom» bin und schlafe mit zunehmender Keto-Dauer immer schlechter. Auch deshalb ist für mich Dauer-Keto kein gangbarer Weg, aber das kann bei dir natürlich anders sein.
Wenn aber viele Stressfaktoren zusammenkommen dann kann die ketogene Ernährung der Faktor sein, der einfach zu viel Cortisol in die Gleichung wirft und es kommt zu Problemen. Da macht es dann auch Sinn, wöchentlich Refeeds einplanen. Nach den ersten 30 Tagen strenger Keto-Phase zum Beispiel, einmal die Woche abends 100-150 g Kohlenhydrate verzehren. Das senkt den Cortisolspiegel, führt im Anschluss zu einem sehr tiefen, regenerativen Schlaf und pusht das Hormon Leptin. Leptin ist ein wichtiges Hormon für die Sättigung und hat Einfluss auf Schilddrüse und Stoffwechsel. Es wird durch Kohlenhydrate verstärkt ausgeschüttet.
Du merkst, die ketogene Ernährung braucht etwas mehr Aufmerksamkeit für die Umsetzung und auch Achtsamkeit für den eigenen Körper, um den Hormonreigen nicht über die gesunden Grenzen hinaus zu strapazieren.
Ketogene Ernährung und Diabetes
Und noch ganz wichtig: Insulinpflichtige Diabetiker sollten ketogene Ernährung nicht ohne ärztliche Kontrolle testen. Denn genau aus dem Bereich des Diabetes kennt man die Ketoazidose. Von einer Ketoazidose spricht man, wenn die Konzentration der Ketonkörper gefährlich hoch ansteigt. Und zwar höher, als es bei einem gesunden Menschen je möglich wäre.
Der Gegenspieler der Ketonkörper ist Insulin. Insulin führt dazu, dass Ketonkörper über den Urin ausgeschieden werden. Darum können uns Gummibärchen aus der Ketose werfen. Der Clou: Ketonkörper an sich führen zu einer leichten Erhöhung des Insulinspiegels. Wenn also der Ketonkörperspiegel steigt, steigt auch der Insulinspiegel. Der wiederum führt dazu, dass einige der Ketonkörper über den Urin ausgeschieden werden. So hält sich der Ketonkörperspiegel immer selbst in gesunden Schranken.
Wenn aber nun kein Insulin mehr produziert wird, gibt es diese natürliche Schranke nicht mehr. Die Ketonkörperspiegel können immer weiter und weiter ansteigen, das Blut „übersäuert“. Auch ein insulinpflichtiger Diabetiker kann sich ketogen ernähren. Gemeinsam mit dem Arzt muss dann aber ganz besonders auf die Insulingabe acht gegeben werden.
Der optimale Keto-Teller. Nicht ganz so bunt, aber dennoch gesund.
Die ketogene Ernährung wird gelegentlich sehr einseitig umgesetzt. Aber Keto ist viel mehr als Käse und Bacon, auch wenn beides eine Berechtigung in der fettreichen Ernährungsform hat. Wie bei jeder wohlformulierten Low-Carb-Ernährung soll auch hier Gemüse den Großteil der Ernährung ausmachen. Es wird nur weniger bunt auf dem Teller, denn gerade rotes und gelbes Gemüse ist meist reich an Kohlenhydraten. Schau nach grünem und blassem Gemüse, denn auch da gibt es reichlich Auswahl um den Bauch mit Vitaminen und Mineralstoffen zu füllen.
Ketogene Rezepte findest du in meiner Rezeptübersicht.
Das Keto-Kochbuch
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