Heute ist Weltdiabetestag und meine eigene Diabetes-Typ-2-Diagnose wird dazu auch fast genau 4 Jahre alt.
Mir ist gerade neulich aufgefallen, dass meine eigene Diabetes-Diagnose und der Weltdiabetestag nicht weit entfernt voneinander liegen. Vor genau 4 Jahren hockte ich nämlich in einer Rehaklinik um mich von einem Burnout zu erholen, als mich die „Zufallsdiagnose“ Diabetes umhaute. Seitdem hat sich mein Leben komplett verändert. Und der Weltdiabetestag, den ich früher nicht bewusst wahrgenommen habe, bringt mich jedes Jahr erneut zum Nachdenken.
Wo stehe ich, was kann ich besser machen? Wo habe ich vielleicht angefangen nachzulassen, weil es mir manchmal zu unbequem ist oder ich mich zu sicher fühle?
Diabetes hat ja kein Ende, wo man ankommt und dann ist juchuuu, fertig und geschafft. Nein, Diabetes ist ein dauerhafter Sparringspartner, der einen täglich neu fordert. Deshalb ist der Weltdiabetestag ein guter Termin um sich an das zu erinnern, was es mir ermöglicht hat, seit inzwischen 3 Jahren frei von allen blutzuckersenkenden Medikamenten zu sein:
- weniger Kohlenhydrate auf dem Teller
- eine bessere Nährstoffversorgung durch eine gesündere Lebensmittelauswahl
- viele Kilos weniger auf den Rippen
- regelmäßige Bewegung
- mehr Sonne und Sauerstoff in meinem Leben
- besser auf die eigenen Bedürfnisse achten, was Ruhe und Pausen angeht
- Schlafen nicht als Zeiträuber, sondern als Energietankstelle sehen und nutzen
- Nein sagen, wenn ich etwas nicht will, auch wenn andere mich deshalb blöd finden
- positiv denken, egal wie hoch ich im Mist stehe.
Warum ist der Weltdiabetestag im November?
Kann man sich schließlich schon mal fragen. Entschuldigung, aber im grauesten Monat überhaupt, eingepfercht zwischen Feiertagen, die den Tod als Thema haben, finde ich den Termin nicht sehr motivierend gewählt. Diabetiker brauchen Schwung und Energie um sich neuen Themen wie gesunder Ernährung und regelmäßiger Bewegung zu widmen. Vielleicht bin ich da etwas mimimi, aber im November rufen im Supermarkt bereits die Lebkuchen von den Regalen und die größte Fressphase des Jahres steht kurz bevor. Dazu ist das Wetter in Deutschland so bescheiden, dass man nicht raus will um sich zu bewegen und selbst wenn man will, ist es zu schnell wieder dunkel. So zackig kann sich ja niemand die Laufschuhe schnüren.
Irgendwie fühlt sich das für mich falsch an und ich würde gerne tauschen. Was denkst du vom 20. April als zukünftigen Weltdiabetestag? Da sind die Säfte im Ansteigen und der Frühling liegt in der Luft. An dem Tag ist aktuell der „Internationale Kiffertag“. Ich will niemanden diskriminieren, aber ich glaube, es kifft sich auch ganz gut im November. Also ich bin für einen Tausch, zumindest in unseren Breitengraden.
Du auch?
Da hätten wir schon den ersten Wunsch, den ich heute auf der Agenda habe. Aber es geht noch weiter, denn wenn es um das Thema Typ-2-Diabetes geht, haben sich so einige Wünsche aufgestaut, die ich gerne loswerden will.
Natürlich will ich noch schnell klugscheißern und erklären, weshalb der Weltdiabetestag immer am 14. November ist. Denn man hat den Tag ausgewählt, an dem Frederick G. Banting geboren wurde, der gemeinsam mit Charles Herbert Best, im Jahr 1921 das lebenswichtige Insulin entdeckte. Also wenn es schon keinen Datumswechsel geben kann, sollte es zumindest in Deutschland im April noch einen zusätzlichen Diabetes-Aktionstag geben. Das wäre doch eine tolle Sache und das wünsch ich mir jetzt einfach mal so!
Die Dunkelziffer an unerkannten Diabetikern muss weg.
Irgendwo da draußen in Deutschland schwirren etwa 2 Millionen Typ-2-Diabetiker herum, die noch keine Ahnung davon haben, was sich gerade im eigenen Körper abspielt. Und die schlechteste, und ungesündeste Art mit Diabetes umzugehen ist die, es nicht zu wissen und somit nichts zu machen. Es sind da also verdammt viele Menschen unterwegs, die haben zu hohe Blutzuckerwerte und schaden sich genau in diesem Moment damit. Du kennst bestimmt jemanden, wo das so ist. Ich war ja auch eine von denen, die dazu selbst nicht hinsehen wollte und verdrängt hat, was das Zeug hält, bis ich in der Rehaklinik beim allgemeinen Gesundheitscheck aufgefallen bin.
Bitte nutzt die Vorsorgemöglichkeiten, die es gibt und motiviert Menschen um euch herum, dies auch zu tun. Diabetes tut nicht weh, und wenn es weh tut, ist der Schaden meist nicht mehr umkehrbar. Also ran an den Pikser und lasst euch testen.
Übrigens bieten auch viele Apotheken ganz unkompliziert einen Blutzuckertest an. Das ist nicht mal teuer. Mein Besuch in der hiesigen Apotheke hat ergeben, dass es gerade mal 1 Euro kostet, den Blutzucker testen zu lassen. Also geht hin und schleppt Vater, Mutter, Tanten und Onkels gleich mit. Vorzugsweise mit leerem Bauch am frühen Morgen. Der Nüchternwert ist sicher noch keine amtliche Diagnose, aber gibt einen Hinweis, ob es notwendig ist den Hausarzt aufzusuchen um den Langzeitwert prüfen zu lassen. Alle Infos und den gemessen Wert beurteilen, macht die Apotheke. Ihr seid da also nicht alleingelassen. Entweder ihr geht hinterher beruhigt raus oder ihr rettet mit 1 Euro vielleicht die eigene Gesundheit oder die Gesundheit der Menschen, die euch wichtig sind.
Typ-2-Diabetiker verbündet euch untereinander.
Wenn ich in den letzten Monaten eines bemerkt habe, dann dass Typ-2-Diabetiker häufig die Krankheit mit sich ausmachen und nicht wirklich gut untereinander vernetzt sind. Schau dir die Typ-1-Diabetiker an, wo es eine riesige Community, unzählige Blogs und einen tollen Zusammenhalt und Austausch gibt. Bei den Typ-2-Diabetikern ist das bei weitem nicht so ausgeprägt. Die geringere Vernetzung der Typ-2-Diabetiker hat sicher verschiedene Gründe. Zum einen sind wir deutlich älter und kommunizieren auf anderen Wegen, als das die jüngeren Leute heute tun. Zum anderen ist es so, dass es nach meinem Empfinden viele Diabetiker gibt, denen die eigene Erkrankung unangenehm ist und dazu die Bereitschaft, sich über die Notwendigkeiten der Behandlung hinaus mit der Krankheit zu befassen, wesentlich geringer ist im Vergleich zu den Typ-1-Diabetikern.
Wir sind hier auf meinem Blog ja auch ein kleines Diabetes-Netzwerk, aber natürlich erreiche ich überwiegend Diabetiker, die affin sind für die kohlenhydratreduzierte Ernährung. Es gibt jedoch noch viel mehr Typ-2-Diabetiker, die ganz anders mit der Krankheit umgehen. Ich wünsche mir, dass es da in Zukunft mehr Angebote zur Vernetzung geben wird. Erfahrungsaustausch und gegenseitige Hilfe ist das Ziel und Spaß macht eine starke Gemeinschaft doch auch.
Typ-2-Diabetiker nicht pauschal für doof halten.
Das Image der Typ-2-Erkrankung ist nicht wirklich nett. Als „Dickenkrankheit“ eingeordnet, hängen an der Erkrankung alle negativen Eigenschaften, die man Menschen mit Problemen mit dem Gewicht zuordnet. Mir gehen die Diskriminierung von dicken Menschen und die Übertragung auf Menschen mit Typ 2 gehörig auf die Nerven. Ich habe es selbst ja schon erlebt. Wer dick ist oder war und sich mit Diabetes-Typ-2 outet, muss gelegentlich mit Häme und der Aussage „selbst schuld“, was immer auch zu doof impliziert, auseinandersetzen. Das ist nicht angenehm, verletzt und entwertet die Diabetes-Patienten. Den Blick hinter die Kulissen und warum vielleicht die Dinge so sind, wie sie sind, will von den Pauschalverurteilern ja keiner hören. Eine gesunde Lebensweise und nicht mit dem Gewicht kämpfen zu müssen, fällt nicht jedem Menschen gleich leicht. Ich bin ja auch eine von denen, die sich immer wieder aktiv bemühen muss. Da spielen viele Faktoren eine Rolle. Von der genetischen Grundausstattung, der Erziehung und den gemachten Erfahrungen, wie auch den finanziellen Möglichkeiten. Dumm sind höchstens die Leute, die pauschal verurteilen und dabei jede gute Kinderstube vergessen. Da wünsche ich mir, dass ich diese Menschen ganz einfach per Rakete auf den Mond schießen kann und die Welt damit ein wenig schöner und toleranter wird.
Einheitliche und umfassende Informationen für Diabetiker.
Eine Sache, die mir seit ich meinen Blog schreibe, aufstößt, ist, dass ich unwahrscheinlich viele Mails bekomme von neu diagnostizierten Diabetikern, die mir wahre Horrorgeschichten erzählen von resignierten Ärzten, bocksbeinigen Diabetesberatern und echt schrägen Diabetes-Schulungen. Von Blutzuckerwert zu hoch und ohne irgendwelche weiteren Informationen mit Tabletten heimgeschickt worden bis hin zu Diabetesberatern, die ernsthaft behaupten, es müsse zwingend bei jeder Mahlzeit eine Scheibe Brot gegessen werden. Manchmal habe ich das Gefühl, dass die Diagnose Diabetes ein stückweit bedeutet, in einen Lotterietopf geworfen zu werden und je nachdem, in welches Körbchen man dann reinfällt, bekommt man dies oder das erzählt. Du kannst es ganz toll treffen, aber es kann auch schwer in die Hose gehen. Ich weiß, es gibt Standards und Vorgaben, aber scheinbar funktionieren die nicht flächendeckend und ich würde mir wünschen, dass jeder neue Patient gleich gut abgeholt wird. Ich hatte Glück im Unglück. Meine Diagnose traf mich in einer Klinik, die neben einem psychosomatischen Teil auch eine Abteilung für Stoffwechselerkrankungen hatte. Nach meinem Schock hatte ich direkt psychologische Hilfe und saß schon eine Woche später in der Diabetesschulung und lernte, womit ich es zu tun habe. Da ich sowieso für 6 Wochen dort war, startete ich direkt in ein bewegteres Leben und beschäftigte mich intensiv mit Ernährungsfragen.
Jeder Diabetiker hat eine optimale Betreuung – gerade nach der Diagnose – verdient und wir können uns nicht darauf verlassen, dass die Patienten ihren Weg mit ein paar Tabletten in der Hand schon alleine finden werden. Es braucht Anleitung, Inspiration und Motivation um sich der Krankheit zu stellen und um zu lernen, gut mit ihr umzugehen. Das können Arztpraxen mit dem schmalen Zeitbudget in dem Umfang sicher nicht leisten und es muss andere Wege geben, um Typ-2-Diabetiker gerade nach der Neu-Diagnose länger zu begleiten, als das im Moment der Fall ist. Die Diagnose Diabetes bedeutet eben mehr, als individuell auf Medikamente eingestellt zu werden und quartalsweise den Langzeit-Blutzucker zu erheben. Da schließt sich auch wieder der Kreis zum Thema von oben, dass sich Typ-2-Diabetiker besser verbinden sollen. Ob digital oder in Fleisch und Blut in Selbsthilfegruppen. Gemeinsam kommen wir voran und können uns gegenseitig unterstützen.
Vorfahrt für Low Carb als Angebot für Diabetiker
Die Ernährungswelt ist im Wandel. Vielleicht hast du es mitbekommen, aber die Ergebnisse der PURE-Studie in diesem Jahr hatte zur Folge, dass Empfehlungen, die über Jahrzehnte Bestand hatten, in Frage gestellt und angepasst wurden. Selbst Institutionen, die lange dem folgten, was eigentlich das Ergebnis des größten Wissenschaftsbetrugs unserer Zeit war (Ancel Keys und seine gefakten Studienveröffentlichungen zum Thema Fett und Herz-Kreislauferkrankungen), kommen endlich in Bewegung. Aus einer für die Gesundheit der Menschen verhängnisvollen Starre, wurden erste kleine Tippelschritte weg von der Fettvermeidung, hin zu einem moderat entspannteren Umgang mit dem Fett auf unserem Teller. Das Ergebnis der Studie: Mehr Fett und weniger Kohlenhydrate können die Sterblichkeit reduzieren. Daraufhin wurden die Ernährungsempfehlungen für uns Deutsche etwas gelockert. Fettarme Milchprodukte sind jetzt offiziell Schnee von gestern. Vor gesättigten Fettsäuren wird nicht mehr gewarnt und die frühere Mäßigung beim Verzehr von Eiern ist obsolet. Klar, da geht zumindest aus meiner Perspektive noch mehr, aber ich freue mich über jeden kleinen Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, es ist auch nicht einfach, wenn man 40 Jahre erzählt hat, der Himmel ist rot, dann zu sagen, der Himmel ist jetzt blau. Jeder normale Mensch würde so einen Laden für farbenblind halten. Da braucht es erst mal einige lila Schattierungen. Aber der Himmel wird blauer und das ist gerade für uns Diabetiker so wichtig und richtig.
Denn im Sturm der PURE-Studie und den gelockerten DGE-Empfehlungen hat der Verband der Diabetes-Beratungs- und Schulungsberufe in Deutschland e.V. (VDBD) hat eine Broschüre für Diabetesberaterinnen und -assistentinnen herausgegeben, die für Diabetiker Low Carb empfiehlt. Was für eine Revolution und ich wünsche mir jetzt, dass sich diese brandneue Entwicklung rasant unter den Diabetesberaterinnen und -assistentinnen herumspricht und diese dann als Multiplikatoren Low Carb für Diabetiker endlich flächendeckend salonfähig machen.
Wenn du selbst in einer Diabetesschulung sitzt und da noch erzählt wird, dass Low Carb schlecht für Diabetiker sei, dann nimm doch die ausgedruckte Broschüre mit und leiste direkt Entwicklungshilfe. Ab sofort lohnt es sich zu intervenieren, denn der Wind hat sich gedreht.
Ein Low-Carb-Ruck soll durch die Diabeteswelt gehen und vielen Menschen das ermöglichen, was ich geschafft habe. Dass man „trotz“ Low Carb superlecker essen kann, dafür bin ich dann ja da mit meinen bunten Happy-Carb-Rezepten. Bitte schickt die interessierten Diabetiker einfach auf meine Seite und sie werden bestimmt happy.
Puuuh, was für eine lange Wunschliste und keine Ende in Sicht.
So viele Wünsche und ich könnte noch eine ganze Reihe anschließen. Von dem Wunsch, dass „Gesunde Lebensführung“ ein Schulfach wird, zu dem Wunsch, dass Transfette und Isoglukose (Fruktosesirup) sofort verboten werden, bis hin zu dem Wunsch, mein geliebtes „Gemüse, Gemüse, Gemüse“ zukünftig umsatzsteuerbefreit zu verkaufen. Bezahlte Messtreifen auch für nicht insulinpflichtige Diabetiker und eine gute Versorgung aller Patienten – wo es nicht anders geht – mit den neuesten Medikamenten, Pumpen und Co. Und und und…
Wünsche über Wünsche. Mir würde noch viel einfallen. Wie immer, will ich alles und am liebsten sofort.
Wahrscheinlich lassen sich meine Wünsche nicht oder nur teilweise umsetzen, aber über den einen oder anderen Wunsch nachzudenken und den Gedanken in sich reifen lassen, bringt uns doch auch schon alle weiter. Und genau dafür ist doch der Weltdiabetestag da! Träumen wir uns eine bessere Diabeteswelt und machen uns dann an die Umsetzung. Wir sind ein großer Haufen betroffener Leute und können da wirklich gemeinsam etwas bewirken.
Dich frage ich jetzt, was du darüber hinaus noch für Wünsche hast, die ich in meiner total subjektiven Auflistung vergessen habe. Heilung habe ich übrigens absichtlich nicht aufgenommen, weil ich zumindest nach heutigem Stand „realistisch“ bleiben wollte. Die Wiederbelebung toter Betazellen ist eine Sache der Wissenschaft und der Forschung, die an dem Thema aber sicher intensiv arbeiten.
Lass mal hören. Welche Wünsche hast du? Ich bin gespannt.
Natürlich will ich die Gelegenheit nutzen, um auf mein Diabetesbuch und auch mein neuestes Kochbuch hinzuweisen. Mir war schon ohne die PURE-Studie klar, dass ich mit meinem Konzept auf dem richtigen Dampfer unterwegs bin und freue mich jetzt über die offizielle Bestätigung.
Es geht übrigens auf Weihnachten zu und da hat Wünschen ja wieder Saison. Wünsch du dir doch meine Bücher oder verschenke sie an liebe Menschen, egal ob mit oder ohne Diabetes, denn lecker und gesund essen tun wir doch alle gerne. Für mehr Infos zu den Büchern, einfach aufs Cover klicken und du landest auf der jeweiligen Buchseite.
Einen nachdenklichen Weltdiabetestag wünsche ich dir. Deine Betti
PS. Wenn du jetzt noch etwas Zerstreuung suchst, dann lies doch noch meinen Bericht über die Diabetes-Charity-Gala in Berlin, wo ich vor 2 Wochen über den roten Teppich gestolpert bin. Gute Unterhaltung ist garantiert. Viel Spaß dabei.