denn es ist Sommer und ich bin so oft wie möglich in meinem Lieblingselement, dem Wasser!
Nach einigen sehr arbeitsreichen Monaten kehrt endlich etwas Ruhe ein. Was habe ich den Sommer herbeigesehnt. Dabei ist es nicht einmal so, dass ich es besonders gerne warm mag. Aber Sommer bedeutet für mich seit jeher: SCHWIMMEN. Ich kann endlich wieder regelmäßig ins kalte Nass.
Jupiduuu. An mir ist einfach ein Fisch verloren gegangen. Da bin ich mir sicher!
Was habe ich es doch so gut. Denn ich kann unser kleines Freibad hier in Erbach fußläufig in nur 10 Minuten erreichen. Also nicht erst in ein überhitztes Auto quälen, dann einen Parkplatz suchen und hinterher das Spiel wieder rückwärts durchhecheln. Nein, ich schlüpfe schnell in den Badeanzug, schnappe meine bereitstehende Tasche und die Schwimmbad-Dauerkarte, schon geht es los.
Ich weiß, alle Leute mögen es aufregend und spannend, bloß ich nicht. Ich mag es, wenn Dinge sich auch mal wiederholen und ich vorher schon weiß, was mich erwartet. Ein gewohntes Umfeld bietet mir persönlich die optimalen Möglichkeiten, um mich richtig zu entspannen.
Nenn es langweilig, aber mir tun gelegentlich weniger neue Reize einfach gut.
Ich gehe in dieses gleiche Schwimmbad übrigens schon etwa 45 Jahre. Krass oder? Aber das Alexanderbad ist wirklich noch gut in Schuss, was man übrigens genauso für die netten Bademeister sagen kann, auch wenn die inzwischen ebenfalls etwas in die Jahre gekommen sind.
Das nenne ich dann wirklich ein vertrautes und entspanntes Umfeld. Gut, einmal wurde das Bad erneuert und eine Saison fiel aus. Aber ansonsten liege ich seit Jahren auf dem gleichen Liegeplatz aus Holz, um mich direkt nach dem Schwimmen abtropfen zu lassen. Gehe unter die gleiche eiskalte Dusche und das immer in der gleichen Systematik. Erst eine Hand mit Handgelenk in den kalten Strahl und dann die andere Hand. Als nächstes mit den nassen Händen das Gesicht erfrischen. Dann wird es Zeit die Knie nacheinander in die Brause zu halten und anschließend die rechte und linke Schulter. Wenn das soweit geschafft ist, und ich kann die kalte Duschennummer wirklich nicht leiden, kommt noch der Oberköper von vorne und dann der Rücken dran. So ein Mist, aber der Körper will ans kalte Wasser gewöhnt werden.
Geschafft. Brrrr. Jetzt aber rein ins Wasser.
Durch das Wasser zu gleiten, ist für mich schon immer mit einem unglaublichen positiven Gefühl verbunden. Entspannung pur! Dazu Bewegung ohne zu Schwitzen und sich mit egal wie vielen Kilos elfengleich fühlen. Selbst in den dicksten Zeiten habe ich jeden Schwimmbadbesuch genossen.
Was andere Leute da denken, damals wegen den Kilos und heute wegen der Haut, ist mir ziemlich egal. Ich lasse mir mein Leben doch nicht von geistigen Flachseglern verderben. Nicht immer leicht, aber man kann sich diese Haltung tatsächlich aneignen.
Schön ist es, wenn in Schwimmbad nicht allzu viel los ist, und ich unbehelligt und in meine Gedanken vertieft meine Bahnen ziehen kann. Bewölkte 22 Grad Außentemperatur sind perfekt, nur Regen beim Schwimmen mag ich nicht. Aber ich war schon im Schwimmbad und niemand außer mir war im großen 50 m Becken. Das ist total schräg, wenn du das ganze Becken für dich alleine hast.
Irgendwie dachte ich die ganze Zeit, es muss irgendwas falsch sein und nur ich dumme Kuh habe das nicht mitbekommen. Wäre typisch für mich, an einem kilometerlangen Warnschild vorbeizulaufen und mich hinterher lange zu wundern, warum ich eigentlich alleine im Becken bin.
Gelegentlich ist aber auch bei uns mal das Wetter so schön, dass jeder der sich irgendwie über Wasser halten kann, das Freibad stürmt. Dann gehen meine Probleme los. Denn die Zeiten, in denen die Schwimmer relativ geordnet von einer Seite des Beckens zur anderen Seite schwimmen, sind scheinbar endgültig vorbei.
Schwimmen ist bei sehr guten Wetter ein Hindernislauf im Wasser geworden.
Seit wann sind im Becken nicht mehr nur Schwimmer unterwegs, sondern auch in Massen – interessanterweise ausschließlich weibliche – Aqua-Jogger, die sich jedoch nicht richtig vorwärts bewegen, sondern meist im Rudel plauschend mehrere Bahnen im Schwimmbecken blockieren? Ich bin direkt genervt, wenn ich sehe, dass viele der Damen mit ihren blauen Schaumstoff-Leibchen und ihren Schaumstoff-Elefantenschuhen im Wasser umhertreiben. Stundenlang und teilweise im Neopren-Anzug, als wollte man für einen Wettbewerb mit dem Namen Wasserleiche trainieren. Darf ja jeder machen, aber kreuz und quer durch das Becken wabern und dann noch meckern, wenn ich „fast“ unabsichtlich mit den Füßen Wasser in die Gesichter der Damen spritze. Natürlich entschuldige ich mich immer sehr nett. Haare nass gibt übrigens 1 Punkt, Gesicht und Haare nassgespritzt gibt 2 Punkte und wenn noch eine Sonnenbrille betroffen ist, gibt es einen Bonuspunkt. Mit weniger als 15 Punkten auf dem Tageskonto verlasse ich üblicherweise nicht das Wasser. Weißt du, ich neige wirklich nicht zu Tätlichkeiten, aber im Wasser wird aus mir der weiße Hai und ich schnappe auch mal zu.
„Dumdumdumdum“ summe ich auch manchmal leise, wenn ich auf einen Störfall zuschwimme.
Ein Himmelreich für einen Schaumstoff-Gürtel aus Blei oder Elefantenschuhe aus Beton. Ich muss mit dem Bademeister, der die entsprechenden Utensilien ausleiht mal quatschen, ob da nicht etwas machbar ist. Und tschüss, ich winke gerade träumend dem einen oder anderen Hindernis zu und sehe, wie die Dauerwellenköpfe in den Untiefen des Beckens verschwinden.
Ach ja, die Hitze hat mir heute böse zugesetzt. Was kommen denn da bloß für üble Gedanken in meinen Kopf. Schäm! Ich meine, wer hat heute noch eine Dauerwelle? Meine letzte hatte ich, wenn ich mich recht erinnere, im Jahr 1997. Selbst damals war die künstliche Lockenpracht schon so was von out und ich, wie immer, spät dran.
Bitte bei meinen Ausführungen den Humor nicht vergessen. Über 30 Grad darf man mich nicht ernstnehmen.
Aber ohne Witz, Ich würde mir einfach etwas mehr Rücksichtnahme wünschen und etwas weniger egoistisches Verhalten. Das Schwimmbecken ist für uns alle da und nicht nur für einzelne Quertreiber/innen. Es sind zum Glück nur ein paar Persönchen, die nicht verstanden haben, dass sich eine Zone im Becken für die Aquajogger eingebürgert hat. Aber selbst eine einzelne Stechmücke kann einen schon ziemlich piesacken, bis es klatscht.
Warum gibt es im Schwimmbad eigentlich keine gekennzeichneten Bahnen? Also zwei Bahnen für die Verkehrsbehinderungen, zwei Bahnen für die mittelschnellen Schwimmer und zwei Bahnen, für alle, die meinen den Phelps machen zu müssen. Ich würde perfekt in die Mitte passen und müsste mich mit den Nasen rechts und links von mir nicht mehr rumärgern. Alle wären happy, es bräuchte nur Verkehrsregeln wie im Straßenverkehr.
Schlimmer geht bekanntlich ja immer.
Denn hat man die Schaumstofffraktion überstanden, treibt da auch noch männliches Stückgut in der Gegend rum. Vorzugsweise weit über 70 Jahre alt, liegen die Herren leblos im Wasser, zucken immer wieder mal auf, nur um dann wieder röchelnd im Wasser zusammenzubrechen. Ich bin immer höchst besorgt und sehe mich schon in Baywatch-Manier die Herrschaften aus dem Wasser ziehen. Aber mal im Ernst. Ist das ein neuer Schwimmstil und ich bin bloß nicht auf der Höhe der Zeit? Ich mache ja langweiliges Brustschwimmen und kann da mit den neuen Trends nicht mithalten.
Für mich ein Problem ist, dass ich gerne mal die Augen schließe und eine halbe Bahn ganz relaxed vor mich hinschwimme. Natürlich schaue ich vorher, dass die Bahn vor mir frei ist. Ich bin ja nicht blöd. Nur treibt jetzt seit neuestem auch mal ein älterer Mann von der Seite in meine Bahn. Wenn ich dann von hinten mit geschlossenen Augen aufschwimme, sieht das höchst komisch aus. Fast wie ein Paarungsversuch im Wasser. Unter mir ein ums Überleben strampelnder Mann und ich hänge erschrocken, merkwürdig verheddert, zwischen den Beinen fest. Ruckzuck hast du da die Finger in einer fremden Badehose. Vollkommen unabsichtlich machst du da Grenzerfahrungen, die Leib und Leben in höchste Gefahr bringen können.
Aber ich will keine Horrorgeschichten loswerden, sondern will dich zum Schwimmen motivieren. Komm mit mir ins Schwimmbecken, dich beiße ich nicht.
Schwimmen ist gesund und macht Spaß. Dazu hat man beim Schwimmen kaum Gelegenheit sich zu verletzen, es sei denn du legst dich am Beckenrand richtig auf die Nase. Wahrscheinlich verletzen sich mehr Schwimmbadbesucher außerhalb des Wassers, als im kühlen Nass. Natürlich gibt es auch internistische Notfälle, oder der eine oder andere Besucher ertrinkt, aber glücklicherweise so selten, dass das meine Gesamtbilanz nicht versaut.
Warum Schwimmen so toll ist
Der Vorteil beim Schwimmen ist, dass das Wasser einen trägt und das eigene Gewicht keine Rolle spielt. Die Belastung für Gelenke und Sehnen ist also gleich null. Gleichzeitig werden beim Schwimmen eine Vielzahl von Muskeln beansprucht. Angeblich bis zu 170 Muskeln, je nachdem welche Technik eingesetzt wird. Um sich im Wasser zu bewegen, musst du den Wasserwiderstand überwinden und der ist etwa 14-mal größer als außerhalb des Wassers. Und dazu braucht es Muskeln, die angestrengt werden müssen und die dadurch gestärkt werden. Auch Aqua-Gymnasik und Aqua-Jogging ist super, wenn man nicht gerade wie ein Eisberg in der Gegend rumtreibt. Gerade für Menschen mit Rücken, ist Aqua-Jogging nämlich total klasse. Von daher kann ich schon nachvollziehen, weshalb immer mehr Leute diesem Sport nachgehen.
Wunderbarer Stressabbau im Wasser.
Nirgends kann ich besser loslassen als im Wasser. Ich bin da mit mir alleine und gebe mich dem gleichmäßigen Bewegungsablauf hin. Die dauernden Wiederholungen und der Rhythmus sorgen dafür, dass bestehender Stress und aufgestauter Ärger wirksam runtergefahren werden. Beim Schwimmen senkt sich sogar nachweislich der Cortisolspiegel ab. Das Stresshormon behindert ansonsten die Fettverbrennung und begünstig die Fettspeicherung am Bauch. Eine Waffe gegen die sogenannte Stresswampe ist demnach das Schwimmen. Gut, ich werde da wohl noch ein paar Kilometer runterreißen müssen. Aber der stete Tropfen höhlt den Stein und ich profitiere von jedem einzelnen geschwommenen Meter.
Wenn der große Hunger kommt
In der Regel gehe ich um eine Uhrzeit schwimmen, zu der ich noch keine Mahlzeit im Bauch habe. Ich schwimme dann 1200 bis 1500 Meter auf nüchternen Magen. Für mich kein Problem, ich habe ausreichend Fettreserven, die mich in der Zeit prima durchfüttern. Wenn ich aus dem Wasser komme, habe ich auch erst mal keinen Appetit, aber etwas zeitverzögert setzt dann der Bärenhunger ein. Da tut sich auf einmal ein Loch im Bauch auf und ich muss mich auf den Heimweg machen. Zum Glück habe ich nie Geld dabei, sonst würde ich vielleicht den Kiosk stürmen. Es ist ja auch kein Wunder. Mit bis zu 700 Kalorien in der Stunde ist Schwimmen ein intensiver Sport. Der Kampf mit dem Wasserwiderstand braucht eine Menge Energie und die Vielzahl der beteiligten Muskeln wollen gefüttert werden. Dazu fordert das kalte Wasser unseren Körper ständig die Temperatur zu halten. Wir wollen ja nicht runterkühlen auf die Temperatur des Schwimmbadwassers, also muss dagegen gearbeitet werden. Das Herz-Kreislaufsystem wird außerdem richtig in Schwung gebracht und die Lungenfunktion verbessert sich ebenfalls auf dem Weg durch das Becken.
Schwimmen lernen geht in jedem Alter.
Falls du nicht so zu den guten Schwimmern gehörst, dann lohnt durchaus nochmal eine Schwimmstunde bei einem Profi. Ich bin selbst gerade dabei, unter fachkundiger Anleitung, meinen Schwimmstil zu verbessern. Dazu habe ich einen extra netten Schwimmcoach mit dem Namen Stefan engagiert, der, wenn ich seinen Ton richtig interpretiere, sonst eher Kinder oder Hunde unterrichtet.
„Ganz prima Betti. Schön gemacht, jetzt aber noch auf den Beinschlag achten und bitte eine lange Gleitphase. Und wenn das schön klappt, gibt es auch noch ein Leckerli“.
Spaß beiseite. Ich habe gemerkt, dass ich suboptimal schwimme und besonders falsch atme. Den Problemen kommen wir gerade bei und ich übe fleißig die neue Technik. Mit Schwimmbrille und natürlich immer mit Musik im Ohr, habe ich schon große Fortschritte gemacht.
Danke lieber Stefan. Du bist der weltbeste Schwimmlehrer!
Neben dem Brustschwimmen müht sich mein Coach ab, um mir alten Kuh noch das korrekte Kraulen beizubringen. Ich stehe da noch am Anfang, aber es gibt Hoffnung. Kurze Zweifel kamen mir nur, als mein Schwimmlehrer mir bescheinigt hat, dass mein Armschlag im Wasser wohl mehr Hitlergruß als Kraulen ist. Mein Schwimmstil wäre von 1933, war das nette Urteil. Räusper. Worauf man da alles achten muss. Ich arbeite derweil brav an meiner Technik, damit die nicht mehr ganz so zackig rüberkommt.
Sowie ich die Kraulerei intus habe, werden wir uns dem Delphinschwimmen widmen. Das wird dann bei mir wohl eher so aussehen, als würde jemand den Fön ins Becken werfen, aber ich bin für einen Versuch bereit. Spätestens dann ist es ja sinnvoll, dass mir bei den häufigen Schwimmbadbesuchen derzeit Kiemen wachsen. Für den Herbst im Hallenbad droht mir mein Coach schon jetzt mit dem Ablegen eines Schwimmabzeichens. Coole Sache. Warum nicht?
Mir ist nur nicht ganz klar, was man beim „Totenkopfabzeichen“ alles leisten muss?
Du merkst, mein Trainer hat auch den Schalk im Nacken und wir müssen beim Üben eher aufpassen, dass wir nicht vor Lachen absaufen.
Jetzt habe ich hoffentlich genug Werbung gemacht für eine Runde im Schwimmbad. Also, pack du doch auch die Badehose ein und dann nichts wie ab ins Wasser. Bitte keine Gedanken an einige Kilos zu viel oder eine Haut die nicht mehr so sitzt wie der erste Anzug. Das ist total schnuppe, es geht um dich und nicht um das, was andere dumme Menschen denken.
Hab Spaß, genieß die Bewegung, entspann dich und gönn dir ein paar Sonnenstrahlen.
Ich hoffe derweil auf einen tollen Restsommer mit vielen schönen Stunden in meinem heimeligen Schwimmbad.