Mit 47 hat Frau noch Träume

Tagebuch

Mit 47 hat Frau noch Träume

Heute ist mein 47. Geburtstag! Freuschockquitschkreischheul…

Bis vor einer Woche, hat mir das auch kein großes Kopfzerbrechen gemacht. Bis dahin war ich einfach immer so alt, wie ich mich gerade gefühlt habe. Und die Bandbreite meiner Altersbefindlichkeit war über den Tag verteilt unheimlich groß.

Nach dem Aufwachen, noch zerknittert mit dem Muster vom Kissen im Gesicht, bin ich eher reif für das Altenheim. Tagsüber schießen mir dann Flausen in den Kopf, als wäre ich gerade mal unschuldige 10 Jahre alt und wollte todesmutig mit Rollschuhen über eine Buckelpiste flitzen. Gleichzeitig kann ich auch so bocksbeinig und zickig sein wie ein pubertierender Teenager, nur um Abends dann gefühlt mit 100 Lenzen bei der einschläfernden Musik des Mutantenstadels auf dem Sofa einzuschlafen.

Ich lasse mich was das Alter angeht ungern festlegen und bin da sehr flexibel. Und der Geburtstag einmal im Jahr, macht das Alter immer so furchtbar konkret. Findest du nicht auch? Als müsste man zwangsweise einmal im Jahr daran erinnert werden, dass wieder ein Jahr durch die Sanduhr gerasselt ist.

Mein Geburtstag ist mir persönlich nicht wichtig. Ich bin ja auch nur einen Tag älter als gestern. Und dafür im Mittelpunkt zu stehen, war mir schon immer etwas suspekt.

Und ähnlich entspannt war eben auch meine Haltung zu meinem Lebensalter. Zumindest bis jetzt, denn ich wurde unsanft auf den Boden der Tatsachen geschleudert. Dabei war ich sogar seit langem mal wieder sprachlos. Und um meinen Schnabel ruhig zu bekommen, da braucht es schon starken Tobak.

Jetzt bist du neugierig, was mir da widerfahren ist. Ich berichte ausführlich, dann kannst du besser mitfühlen.

Vergangene Woche war ich hier im örtlichen Supermarkt zum Einkaufen. Ich war gerade in meiner Lieblingsabteilung (Gemüseabteilung), als ich aus dem Lautsprecher ein Lied hörte, was mich direkt 20 Jahre zurückkatapultiert hat.

Du kennst sie doch, diese betörenden Klänge, die zum unkontrollierten Kaufen animieren sollen. Gelegentlich plötzlich unterbrochen von einem furchtbaren „Palim-Palim-Töröööö“ und der Durchsage „Sehr geehrte Kunden. Kasse 3 öffnet für sie“.

Ist ja auch egal, jetzt nur nicht abschweifen. Also gut…

Es lief im Hintergrund ganz säuselig „Unbreak my Heart von Tony Braxton“. Normalerweise überhaupt nicht meine Kragenweite, stehe ich doch eher auf die Red Hot Chili Peppers und Konsorten. Aber ich verbinde mit dem Song sehr positive und romantische Erinnerungen. Sofort begann ich leicht um die Paprika herumzutanzen. Natürlich ganz diskret, wippte ich von Fuß zu Fuß und drehte mich um meine eigenen Achse. Wie gut, dass im Supermarkt kein ACDC läuft. Ich würde ja wild den Kopf schüttelnd in der Gemüseabteilung stehen.

Naja, und wie ich so im Rhythmus da hin und her schwebte, als wäre ich bei den Wildecker Herzbuben untergehakt, tippte es mir auf einmal auf die Schulter.

Ertappt! Mein Gesicht hat schlagartig eine Farbe angenommen, über die sich die spanischen Erdbeeren definitiv freuen würden. Ich fühlte mich, als wäre ich dabei erwischt worden, wie ich mir 5 große Salatgurken gleichzeitig versucht habe in die Hosentaschen zu stecken.

OK, um die Paprika rumtanzen und dabei erwischt zu werden, ist vielleicht nicht minder peinlich.

Auf die Schulter getippt hat mir ein langjähriger Bekannter, den ich jedoch ewig nicht mehr gesehen hatte. Überraschenderweise hat er mich erkannt, obwohl ich mich seit unserer letzten Begegnung optisch verändert habe.

Und wie wir da so zwischen Gurken und Auberginen begannen zu plaudern, nahm das Gespräch skurrile Züge an. Erst mal die gewohnten oberflächlichen Blablas. „Wie gehts? Du siehst ja super aus. Wir haben uns echt lange nicht mehr gesehen und doch noch erkannt. Hohoho.“

Also der übliche kleingeistige Supermarkt-Smalltalk.

„Was hast du denn im Wagen?“ Bei mir war zu dem Zeitpunkt nur Gemüse drin. „Ach was, bei dir gibt es ja überhaupt nichts Gescheites mehr zu futtern?“ Da ging mein Blutdruck das zweite Mal in die Höhe (nach dem erschreckenden Begrüssungsantipper) und ich spürte eine mächtige Adrenalin- und Cortisolausschüttung in die Adern schießen. So fühlten sich also unsere Vorfahren, wenn sie beim Jagen und Sammeln gefährlichen Tieren begegneten und der Fluchtreflex den Körper erschütterte.

Aufpassen junger Mann. In dem Stadium beiße ich manchmal auch zu. Da kann sich jeder Pitbull bei mir eine Scheibe abschneiden.

Wo wir gerade bei junger Mann sind. Der „Jüngling“, blickt inzwischen auch auf 49 Frühlinge zurück und hat einen Bauch, als wollte er sich demnächst in einen Kugelfisch verwandeln. Die Haare dünn und kunstvoll über die hohe Stirn geklebt, schimmert die Kopfhaut durch das bereits graue Haar.

Wenn du jetzt denkst, dass ich eine böse und gehässige Frau bin. OK, du hast Recht.

Neeeeein. Du wirst meine Säuerlichkeit gleich verstehen und dich wundern, dass ich noch so nett war.

Ich wollte gerade anfangen und mit dem Adonis über etwas „Gescheites“ zu essen ein ernstes Wörtchen zu sprechen, da unterbrach er mich unhöflich und fragte mich „Du hast doch auch bald Geburtstag? Bist doch auch im Frühjahr fällig?“ “Ja, stimmt“, antwortete ich brav. „Am 26. April werde ich 47.“

Und jetzt halte dich gut fest.

Sagt doch dieser Klabautermannverschnitt im Originalton zu mir „Ach du Arme. Das ist für eine Frau ja ein beschissenes Alter.“ Wenn ich nicht dank Toni Braxton gerade im tiefenentspannten Modus gewesen wäre, hätte ich ihm spätestens jetzt das Genick durchgebissen.

„Wie meinst du das?“ Ich bemühte mich extra eine ruhige Stimme aufzulegen. Auch wenn ich in Wirklichkeit kurz vorm Platzen war. Und dann kam der Vortrag der mir klar machte, dass der 47. Geburtstag scheinbar vergleichbar ist mit dem weiblichen Fukushima.

Danach nur noch Ödland, was keiner mehr betreten will.

„Weißt du, Frauen altern doch so unschön. Schau dir einen Mann zwischen 40 und 50 an und eine Frau. Männer werden mit jeder Falte und mit jedem grauen Haar interessanter, und Frauen werden eben naja. Die Attraktivität eingebüßt, nicht mehr im gebärfähigen Alter und dann noch die Wechseljahre. Frauen in deinem Alter verschwinden von der Bildfläche, während Männer ihren zweiten Frühling erleben und zur Hochform auflaufen.“

Da war ich perplex und konnte so spontan nichts sagen. Ich konnte nicht glauben, was dieser Wicht da eigentlich vom Stapel gelassen hat. Haben Frauen mit Mitte 40 und älter keine Daseinsberechtigung mehr? Geht es nur um die Erhaltung der Gattung und die Verteilung der männlichen Gene? Und macht die reine Möglichkeit der Männer, das Erbgut noch einige Jahre länger zu verspritzen, automatisch aus ihnen einen wertvolleren Teil der Gesellschaft? Zumindest ab einem gewissen Alter?

Was ist mit der Leistung, die Frauen bis dahin erbracht haben? Viele haben Kinder bekommen, haben Familie und Beruf gewuppt und nebenbei das bisschen Haushalt und das familiäre Sozialleben geschmissen. Im Vergleich zu dem männlichen Schonprogramm, zieht so ein strammes Pensum jede Menge Energie. Und das sieht man dann vielleicht auch in den vom Leben gezeichneten Lachfalten der Damen.

Ist doch auch gut so und darf sein.

Wie gesagt. Ich hatte bisher zum Alter eine sehr entspannte Haltung. Jedes Alter hat seine tollen Zeiten und jede Lebensphase hat mir auch Dinge gebracht, die weniger erbaulich waren. So wie ich es mit 20 toll fand, dass ich mich so unvoreingenommen und sorgenfrei in diverse Abenteuer stürzen konnte, so bin ich heute froh, dass ich dank meiner Erfahrung den einen oder anderen Fehler nicht mehr mache und nicht mehr jede Sau durchs Dorf treiben muss.

Leben bedeutet Entwicklung und jedes Alter hat seinen eigenen Lehrplan.

Klar, ich merke auch körperlich, dass ich keine 25 mehr bin. Aber Hallo, ich habe einige kleinere Abnutzungserscheinungen und bin deshalb noch lange kein Fall für die Verschrottung. Dann zeigt sich das Alter eines Menschen viel mehr in seiner geistigen Haltung. Da kann man schon ganz jung ein Greis sein. Ich fühle mich auf jeden Fall mit 47 Jahren richtig gut. Mal von gelegentlichen Hitzewallungen abgesehen.

Doch jetzt wurde ich gewaltsam auf den Boden der männlichen Tatsachen gebracht. Ich relativiere und schränke ein, denn es handelt sich hoffentlich nur um die Sichtweise dieses einen Mannes.

Ein kurzes Hadern muss erlaubt sein. Die Betonung liegt auf kurz, denn dann habe ich dem Klabautermann doch noch das Genick durchgebissen. Neeeein habe ich natürlich nicht. Der Kugelfisch erfreut sich allerbester Gesundheit. Nur emotional, habe ich diese schräge Bemerkung direkt wieder abgeschütteln.

Heute mit 47, weiß ich zum Glück meistens was ich will. Noch besser ist, dass ich zumindest weiß, was ich nicht will. Damit bin ich nämlich schon weiter, als ich es vor 20 Jahren war. Nicht mehr rumeiern, sondern klar sagen, was Masse ist. Was mir nicht gut tut, wird aus meinem Leben verbannt. Lebenserfahrung und die Erkenntnis, dass das Leben endlich ist, macht die Lebenszeit ab den 40ern viel intensiver. Auch wenn man manchmal denken könnte, dass das Leben aus einer Aneinanderreihung von Katastrophen besteht. Dem ist nicht so! Zumindest meistens.

Und da ist es doch echt wurscht, was so ein dusseliger Heini sagt, der geistig scheinbar spätpubertär festklemmt und höchstwahrscheinlich selbst lange nicht mehr in den Spiegel geschaut hat.

Alles gut, denn ich mache mein Ding und lasse mich nicht aussortieren.

Ich bin sogar so frech, und steuere mit 47 eine neue Karriere an. Ganz unbeeindruckt von meinen Alter erfülle ich mir einen Traum. Und damit meine ich jetzt nicht den schmaleren Hintern.

Du wirst es kaum glauben. Nach all den Überlegungen, wie ich meine Happy-Carb-Bücher an den Start bekomme, gab es nun doch nochmal eine überraschende Wendung. Meine Aktivitäten für die Selbstveröffentlichung waren ja relativ weit fortgeschritten, als erneut ein Verlag in mein Leben getreten ist.

OK, so schwülstig war es natürlich nicht.

Aber die Möglichkeit schien interessant und so lotete ich aus, ob ich diesmal Happy Carb so realisieren kann, wie ich es mir vorstelle. Bei meinen vorherigen Verlagskontakten war es ja immer so gewesen, dass ich zu viele Kompromisse hätte machen müssen. Da mache ich lieber selbst, so war der Plan.

Und nun, hat mich doch tatsächlich noch eine Verlagschefin positiv überrascht und hat mich mit all meinen Macken an Bord genommen.

Gerade heute, an meinem 47. Geburtstag, habe ich Autorenverträge für 2 Bücher unterschrieben. Beide Bücher werden auch noch in diesem Jahr erscheinen.

Juchuuu…

Wenn dich nun interessiert, welcher Verlag so verrückt oder so schlau war, dann verrate ich das gerne. Happy Carb geht eine Verbindung mit dem systemed Verlag ein, wo ich natürlich thematisch super reinpasse. Bald mit in einer Autorenliste auf der systemed Verlagsseite zu stehen, Seite an Seite mit wirklich illustren Persönlichkeiten des Low-Carb-Universums, macht mich echt stolz und fühlt sich surreal an.

Weitere Infos zur Veröffentlichung der Bücher gibt es dann im Mai. Ich freue mich wie ein Lottchen.

In diesem Sinne sage ich allen da draußen, dass das Leben in jedem Alter schön ist und es genossen werden muss, so wie es ist. Wir können nicht tauschen oder reklamieren, aber wir können das Leben gestalten und uns die Welt ein wenig so machen, wie es uns gefällt.

2 x 3 macht 4
Widdewiddewitt und Drei macht Neune !!
Ich mach‘ mir die Welt
Widdewidde wie sie mir gefällt ….

Vom Kopf her frisch und verrückt bleiben. Geistig wach durch die Welt wandeln. Andere Perspektiven einnehmen als gewohnt und unterschiedliche Werte und Worte gelten lassen. Toleranz und Offenheit halten nämlich jung. Nichts beschleunigt das Altern mehr, als in seiner eigenen geistigen Schublade eingesperrt festzusitzen.

Wir leben jetzt hier und heute. Gestern ist vorbei und ob es ein Morgen gibt, können wir nicht wissen. Deshalb, mach was aus diesem Moment! Egal was andere denken oder sagen.

Ich mache nachher auf jeden Fall eine Pulle Sekt auf und stoße auf meine neue Karriere und meinen Geburtstag an. Träume kann und soll Frau auch noch mit 47 leben und verwirklichen.

Scheiß auf die kommenden Wechseljahre und auf alle unwichtigen Klabautermänner dieser Welt!

Prost!

Deine Betti


Nichts mehr verpassen - folge mir per Mail
Jetzt direkt mit deiner E-Mail-Adresse anmelden.


Bitte beachte meine Regeln zur Netiquette für die Nutzung der Kommentarfunktion sowie meine Hinweise zum Datenschutz.
Kommentare dieses Artikels abonnieren
Benachrichtige mich zu:
guest
131 Kommentare
Inline Feedbacks
Alle Kommentare anzeigen